Beim Kennenlern-Frühstück des ehrenamtlichen Beraternetzwerks sprach diesmal Thomas Ahlswede-Brech.

Von Frank Wöstmann

Wolfenbüttel. Solch einen komprimierten Termin gab es bei den E&Z-Frühstücken noch nicht oft. Als das Wolfenbütteler Beraternetzwerk Existenz&Zukunft (E&Z) am Freitag zu seinem monatlichen Kennenlern-Frühstück einlud, kamen nicht nur Gründungswillige und Jungunternehmer. Vielmehr stand mit Thomas Ahlswede-Brech von der Allianz für die Region ein Referent auf dem Programm, der ganz viele Informationen und Tipps im Gepäck hatte, die nützlich sein können für den Ausbau der Selbständigkeit.

Die Gründung der Allianz ging auf die Wirtschaftskrise 1994 zurück, nach einigen Umfirmierungen steht sie jetzt als GmbH mit 21 Gesellschaftern da. „Es ist ein einmaliges Konstrukt, denn es haben sich alle Gebietskörperschaften, viele Banken, Gewerkschaften und Verbände zusammengeschlossen“, berichtete Ahlswede-Brech. Zielgruppe ist die gesamte Region, deren Einwohnerzahl der Referent mit 1,1 Millionen angab. „Und ganz wichtig: Wir sind keine Behörde.“

Als Projektentwickler wollen die 40 Mitarbeitenden helfen, Ideen ins Laufen zu bringen. „Weg vom Konjunktiv“ nannte das der Gast. Es gebe vier Arbeitsbereiche, Mobilität, Regional-Marketing und Wirtschaftsförderung. Zum letzten Punkt gehört die Unternehmensnachfolge, von denen etwa 500 pro Jahr anstehen. „Etwa die Hälfte der Firmeninhaber regeln die Nachfolge selbst.“ Jeweils ein Sechstel geht schließlich in die Liquidation oder wird von Mitbewerbern übernommen – oder es findet sich ein externer Interessent: Das vermittelt gern die Allianz über ihre Kontaktbörse.

Kern des Vortrags war jedoch der vierte Arbeitsbereich: Fachkräfte gewinnen und sichern. Am Beispiel des ,Welcome-Centers‘, das die Allianz in Braunschweig und Wolfsburg betreibt, erläuterte Ahlswede-Brech die Angebote seines Hauses. Neben den rein technischen Hilfestellungen (Förderung, Arbeitserlaubnis bei Zuwanderern) gehe es auch darum, neue Mitarbeitende und später ihre Familien im sozialen Bereich zu unterstützen. Neubürger müssten integriert werden, bei der Schulanmeldung sowie bei der Suche nach Kita-Plätzen müsse man ihnen helfen.

„Oft entscheiden Kleinigkeiten, ob jemand bleibt oder weiterzieht.“ Das Ankommen neuer Fachkräfte in der Firma – Experten sprechen vom Onboarding – sei schließlich ein heikler Moment. „Längst nicht jedem Arbeitgeber ist klar, was den neuen Mitarbeitern wichtig ist.“

E&Z-Vorsitzender Michael Schmitz berichtete aus dem Tagesgeschäft seiner Reinigungsfirma, dass er viel mit Migranten arbeite und gute Erfahrungen gemacht habe. „Bei vielen Fragen könnten uns Ausländerbehörde oder Arbeitsagentur helfen, aber beide Behörden kommen durch eigene Personalnot gar nicht hinterher.“ Er nannte die Beispiele eines Bosniers und eines kurdischen Irakers, „beides großartige Mitarbeiter“. Doch der eine dürfe aufgrund seines Arbeitsvisums seine Familie nicht nachholen, bei dem andere schaffte die Frau eine komplizierte Sprachprüfung nicht. „So etwas ist eine weitere Hürde für uns als Firma, weil die Mitarbeiter ohne ihre Familien natürlich nicht lange bleiben“, kritisierte Schmitz. „Unverständliche Regelungen und schleppende Antragsbearbeitung hemmen das ganze System.“

Im Übrigen sei sein Betrieb angewiesen auf Migration, denn diese Leute machten 75 Prozent seiner Beschäftigten aus. „Das ist im Reinigungssegment überall die Regel.“ Auch das neue Bürgergeld sei kontraproduktiv bei dem Versuch der Firmen, neue Arbeitskräfte zu gewinnen.

Skurrile Beispiele von Behördenauflagen kamen noch einige aus der Runde. Die Geschichte mit den Führerscheinen gehörte auch dazu: Ein Mann aus Südamerika zog nach Wolfenbüttel und durfte hier mit seinem Dokument sechs Monate lang Auto fahren. „Einen Tag länger, und der Führerschein verlor sofort seine Gültigkeit“, erzählte einer fassungslos. „Wie soll man dem Mann erklären, dass er plötzlich eine Fahrprüfung ablegen muss? Hat er sechs Monate lang unseren Verkehr gefährdet?“

Ahlswede-Brech hatte Verständnis für die Fragen der Gäste. Und er machte klar, dass die Allianz schon erste Ideen zur Verbesserung weitergeleitet habe. „Wir wollen zum Beispiel, dass aus den acht schwachen Ausländerbehörden rund um Braunschweig eine starke gebildet wird – wo immer die dann auch steht.“ Im Moment fange jeder Migrant, der eine Kreisgrenze überschreite, in seinem Verfahren von vorne an. „Diese acht Behörden sprechen einfach nicht miteinander.“

Allerdings wusste auch er von Personalproblemen in Amtsstuben. „Wir haben ermittelt, dass alleine rund um Braunschwig 2500 Stellen unbesetzt sind.“ Ein Wandel sei vor diesem Hintergrund schwierig. „Das ist eine Riesenherausforderung.“

Wer diesmal zum Monatsfrühstück des Beraternetzwerks Existenz&Zukunft kam, hörte einen inhaltsreichen Kurzvortrag von Thomas Ahlswede-Brech, Allianz der Region (ganz rechts). Foto: Regio-Press