Der Landkreis Wolfenbüttel lud in Kooperation mit dem Beraternetzwerk zum ersten Unternehmensabend

Auf der einen Seite steht der Fachkräftemangel, auf der anderen das Problem vieler Personalverantwortlicher, die aktuelle Schulabsolventen-Generation Z nicht mehr zu verstehen. Diesem Phänomen ging der erste Unternehmensabend des Landkreises Wolfenbüttel in Zusammenarbeit mit dem Beraternetzwerk Existenz und Zukunft nach. Im neuen Veranstaltungszentrum der Volksbank Wolfenbüttel Am Herzogtore referierte mit Antje-Britta Mörstedt eine absolute Expertin und dabei unterhaltsame Rednerin zum Thema.

Für ihre Forschungen hat die Göttinger BWL-Professorin 4500 Jugendliche befragt. „Ich werde von vielen Unternehmen gefragt, wie sie diese als Auszubildende und Mitarbeiter bekommen können“, berichtet Mörstedt, die Vorträge zu dem Thema bei DAX-Konzernen und Verwaltungen, Banken und Behörden hält. Ihre Vorgehensweise: Verstehen, wie die unterschiedlichen Generationen ticken.

Klassische Stellenanzeigen erreichen Generation Z nicht

Dabei unterscheiden sich bereits die Jahrgänge der jetzt 18-Jährigen, die Generation Z, von der Vorgänger-Generation Y. „Viele Jugendliche können sich heute die Stellen aussuchen“, erklärt Mörstedt. Für Personaler ist es daher entscheidend, neue Wege zu gehen. Mit klassischen Stellenanzeigen bekommt man diese Generation nicht mehr. „Die sind mit Bilder und noch viel mehr mit Videos groß geworden“, erklärt die Wissenschaftlerin. Lange Texte lesen, gehöre eher nicht zu den Interessen.

Die Generation Z kennzeichne besonders die „Fear of missing out“ – die Angst, etwas zu verpassen. Daher seien die Vertreter POPC – permanent online, permanent connected – also immer online und immer verbunden. Eine simple Lösung für Unternehmen, um diese jungen Menschen zu erreichen, sei es, eine Whatsapp-Nummer als Kontaktmöglichkeit anzugeben. Denn es komme noch hinzu: die Generation Z telefoniert äußerst ungern.

„Wir müssen die ‚Zetts‘ in vielen Dingen nachschulen, auch in Bereichen, wo wir gar nicht mit gerechnet hätten“, sagt Mörstedt. Dazu gehöre das Telefonieren. Die Expertin habe zum Beispiel aus der Hotel-Branche oftmals von dem Problem gehört, dass junge Azubis den Hörer nicht abnehmen wollen, wenn es klingelt.

Großer Zulauf bei Polizei und Zoll

Es laufe darauf hinaus, dass „Arbeitgeber sich um die neuen Mitarbeiter deutlich mehr kümmern müssen, als das früher der Fall war“, lautet ein Fazit Mörstedts. Und den Arbeitgebern bleibt aufgrund des Fachkräftemangels kaum etwas anderes übrig.

Ein „Zett“ – wie Mörstedt die Vertreter der Generation liebevoll nennt – sei meist Technologie-affin, dabei ein Einzelkämpfer. Er brauche Sinnhaftigkeit, Spaß und regelmäßiges Feedback – das habe er schließlich durch den Like-Button über Jahre hinweg so gelernt. Durch permanente News-Updates seien die Zetts aber auch stark verunsichert. Ein großer Wunsch der Generation sei Sicherheit. „Deswegen haben Polizei und Zoll als Arbeitgeber derzeit einen großen Zulauf“, erklärt Mörstedt.

Auf der anderen Seite sei die Generation weniger verbindlich. Es komme oftmals vor, dass ein Betrieb einen Azubi-Vertrag mit einem jungen Menschen abschließt, dieser aber kurz vor Antritt der Stelle sich umentscheidet, um ein Jahr im Ausland zu verbringen. Vieles gehe auch auf die Generation der Eltern, die die Zetts erzogen haben, zurück. „Die sind meist Helikopter-Eltern, die ihre Kinder bis in den Klassenraum gebracht haben und für die es selbstverständlich ist, ihre Kinder auch zum Vorstellungsgespräch zu begleiten“, so Mörstedt. Außerdem kommunizierten diese Eltern ihren Kindern meist: Mach das, was dir Spaß macht!“

Preboarding und Onboarding werden immer wichtiger

Mörstedt empfiehlt Unternehmen daher viel Wert auf das Preboarding und Onboarding zu legen. Das bedeutet, den Kontakt zu den angehenden Mitarbeitern vor Stellenantritt nicht abreißen zu lassen. Wenn sie dann an Bord sind, sollten Unternehmen ihren jungen Mitarbeitern die Integration und Orientierung leicht machen. „So ein Prozess kann bis zu 12 Monate dauern“, sagt Mörsetdt. Auch Elternabende für die Eltern der Azubis hätten sich inzwischen etabliert und könnten für die Mitarbeiterbindung durchaus sinnvoll sein.

Im Bild: Die Referentin Antje-Britta Mörstedt (von links) mit Landrätin Christiana Steinbrügge und Ernst Gruber, Volksbank-Vorstandssprecher.