Rund 25 Wolfenbütteler Unternehmer informierten sich bei einem Vortrag zur Wirtschaftsspionage, zu dem das Beraternetzwerk Existenz und Zukunft in den Ratssaal eingeladen hatte. „Auch der Mittelstand ist von dem Thema betroffen und sollte wissen, wie er sich dagegen schützen kann“, sagte Wolfenbüttels Wirtschaftsförderer und E&Z-Geschäftsführer Dietrich Behrens zur Begrüßung.

Als Referent war ein erfahrener Geheimdienstler zu Gast. Jörg Peine-Paulsen ist beim niedersächsischen Verfassungsschutz für das Thema Wirtschaftsschutz zuständig. Er räumte während seines Vortrags mit einem gängigen Vorurteil auf: „Viele Mittelständler denken, sie seien zu klein und unbedeutend, um in den Fokus von Wirtschaftsspionen zu geraten“, berichtet er. Das sei falsch. „Sobald ich etwas Innovatives mache, werden Spione aufmerksam.“

Insbesondere Ingenieurs- und anderes Know-How sei sehr gefragt. „In Deutschland haben wir keine Agrarprodukte oder Bodenschätze, die zum Verkauf stehen. Umso wichtiger ist das Wissen. Das müssen wir schützen“, sagt Peine-Paulsen. Laut einer Hochrechnung des Verbands deutscher Ingenieure würden in Deutschland durch Wirtschaftsspionage jährlich rund 100 Milliarden Euro Schaden entstehen. „Es gibt eine reale Bedrohungslage“, betont Peine-Paulsen.

Aktive Spione gebe es in großer Menge auf der Welt. Diese nutzen menschliche Schwächen aus und bedienen sich dabei der Methode des Social Engineering. Sie sammeln Daten über ihre Ziele und können daraus ein soziales Profil erstellen, berichtet der Verfassungsschützer. Mit diesem Profil kennen die Spione die „Trigger“ ihrer Opfer. Sie wissen also, welche Emotionen welches Handeln auslösen. Soziale Medien und Smartphones machen es den Agenten heute leicht, solche Profile zu erstellen.

Üblicherweise würden die Wirtschaftsspione sich dann zunächst beispielsweise über einen Freund oder Mitarbeiter dem eigentlichen Ziel – etwa dem Geschäftsführer – annähern. „Spione holen ihre Informationen am liebsten direkt aus den Köpfen. Spione klauen aber auch immer noch Aktenordner“, räumt Peine-Paulsen mit dem Vorurteil auf, dass Datenklau nur übers Internet gehe.

Wichtig sei die präventive Arbeit, betont Peine-Paulsen. Der Verfassungsschützer empfiehlt daher eine gewisse Vorsicht bei verdächtigen Vorgängen. Der Faktor Mensch sei enorm wichtig. Daher müsse man in die Bildung seiner Mitarbeiter investieren und sie für das Thema Wirtschaftsspionage sensibilisieren. Dann geht es auch um viele Detailfragen: Firewall, sichere Passwörter, Umgang mit E-Mails und Telefonanrufen von Unbekannten.

Falls jemand die Sorge habe, trotz aller Prävantion Opfer geworden zu sein, solle er sich an Peine-Paulsen oder seine Kollegen wenden. Die Verfassungsschützer gehen mit solchen Anfragen stets vertraulich um. Daten, die sie mit anderen Behörden austauschen, werden stets anonymisiert weitergegeben.